Der Politik- & BKK-Talk mit Dagmar Stange-Pfalz
Klar, kompetent, verständlich: Ob aktuelles politisches Geschehen, Entwicklungen im Bereich Krankenversicherung oder News direkt aus der BKK VerbundPlus: Vorstand Dagmar Stange-Pfalz bezieht in dieser Rubrik Stellung.
Dagmar Stange-Pfalz, Vorstand BKK VerbundPlus
Frau Stange-Pfalz, in den vergangenen zehn Jahren sind die Ausgaben aller Gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland um 50 % gestiegen. Wie kann das sein und was sind die mittel- bis langfristigen Konsequenzen für Bürgerinnen und Bürger?
Die Ursachen lassen sich klar benennen: Kostensteigerungen, Demografischer Wandel, teure Reformprojekte, Verlagerung von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben durch die Politik auf die Krankenkassen. Ein Beispiel: Der Bundeszuschuss zur GKV für Bürgergeldempfänger beträgt 1/3 dessen, was eigentlich an Zuschüssen nötig wäre und versprochen wurde. Den Kassen fehlen dadurch rund 10 Milliarden Euro. Sprich: Der Bund verlagert sein Problem auf die Schultern der Beitragszahler. Das kann so nicht weitergehen – dafür ist das Wirtschaftswachstum in Deutschland inzwischen zu schwach. Das führt zu einem Einnahmen-Einbruch. Dadurch wird ein seit Jahren schwelendes Problem jetzt akut. Es ist 5 vor 12, dass die Politik für eine langfristig solide Finanzierung sorgt. Denn aktuell werden die Versicherten gezwungen, diese Finanzlöcher mit ihren Beiträgen zu stopfen – und den Kassen sind die Hände gebunden.
Stichwort Reformprojekte. Der von Karl Lauterbach initiierte „Klinik-Atlas“ ist online – überflüssig oder eine echte Hilfe für die Menschen?
Je nach Blickwinkel. Man kann Krankenhäuser, in denen bestimmte Operationen sehr oft durchgeführt werden mit Handwerkern vergleichen, die ein und dieselbe Arbeit hundert- oder tausendfach ausgeführt haben. Das Prinzip ist dasselbe: Die Chance, dass alles reibungslos funktioniert und keine Fehler gemacht werden, ist dann deutlich höher. Insofern kann der Klinik-Atlas bei der Auswahl passender Krankenhäuser in der Nähe schon mit wenigen Klicks hilfreiche Hinweise geben. Andererseits erntet er nachvollziehbar Kritik, weil er – verglichen mit bereits existierenden, ähnlichen Services – keine wirklich großen neuen Funktionen bietet. Auch die Bedienbarkeit hätte man insgesamt sicher etwas besser lösen können. Aber vielleicht kommen entsprechende Optimierungen ja noch.
Ein großes Thema ist auch die aktuelle Krankenhausreform. Was sind Ihre Erwartungen an das Projekt?
Dass nicht pauschal Krankenhausstandorte gesichert werden, sondern dass die Patientinnen und Patienten spürbar – und nachhaltig – besser versorgt werden. Jahr für Jahr sterben schwer erkrankte gesetzlich Versicherte, weil sie nicht oder zu spät in Spezialkliniken behandelt werden. Das muss sich endlich ändern. Leider kam es im Zuge der Reform schon zu Abstrichen und Ausnahmen von der Regel. Wir als BKK VerbundPlus setzen uns dafür ein, dass die Krankenhausreform echte Verbesserungen bringt – und nicht zur milliardenschweren Kostenfalle für die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler wird.
Wie schätzen Sie die elektronische Patientenakte, ePA, Stand heute ein?
Das Vorgehen, dass alle Versicherten angeschrieben werden und entscheiden können, ob sie eine ePA möchten, finde ich auch in der Form gut: Wer nicht widerspricht, erhält sie. Das ist wichtig, um eine bessere Versorgung sicherzustellen. Grundsätzlich lohnt es, sich mit der Thematik zu beschäftigen, um dann auf valider Basis frei zu entscheiden. Da Nutzende auch zu einem späteren Zeitpunkt jederzeit ihre ePA wieder stilllegen lassen können – oder einschränken, wer welche Zugriffe erhält – spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, sie erstmal zu testen.
Pflege ist immer ein schwieriges Thema. Nicht nur, weil niemand gerne daran denkt, sondern auch, weil es für Betroffene so viel zu beachten gibt. Wie kann die neue digitale Pflegeberatung der BKK VerbundPlus da helfen?
In der Regel stellen nicht Pflegebedürftige selbst die Anträge, sondern Angehörige oder Ehegatten. Das belastet neben der emotionalen Sorge zusätzlich, sei es, weil räumliche Distanz besteht oder der eigene Alltag auch bewältigt werden muss. Viele Menschen kümmern sich daher oft am Abend oder Wochenende um den Papierkram – aber dann sind Mitarbeiter in den Kassen nicht erreichbar. Dem wollen wir Abhilfe schaffen. Der digitale Chatbot „Linda“ hilft beim Antragswust, beantwortet Fragen und gibt Tipps und Hilfestellungen. Natürlich sind unsere Spezialisten auf Wunsch aber auch weiterhin persönlich da.
Wer kann dieses Angebot nutzen, und wie?
Unsere Maxime ist ja, Verbündete in Sachen Gesundheit zu sein. Was das konkret bedeutet, wir hier, denke ich, sehr deutlich: Sowohl Versicherte wie auch Nicht-Versicherte können dieses Angebot nutzen. Es funktioniert auf allen Endgeräten, in jedem Browser und ohne spezielle technische Voraussetzungen. Und es steht jederzeit zur Verfügung, braucht keine Termine und ist zudem nicht ortsgebunden – sprich kann von Zuhause genutzt werden. Wir sind überzeugt, dass das Pflegende enorm entlasten kann!